Kurzinhalt:
Pater Nau ist verzweifelt: drei Mal kommt ein seltsamer Mann zu seiner abendlichen Beichte, der jedes Mal aus der Bibel zitiert und dann verschwindet.
Doch lässt er auch jedes Mal etwas zurück: den blutigen Skalp einer Frau, welche Pater Nau in der ersten Panik erstmal in der
Krippe des Jesuskindes verschwinden lässt.
Schnell kommt heraus: es sind schwangere Frauen, die im…mehrKurzinhalt:
Pater Nau ist verzweifelt: drei Mal kommt ein seltsamer Mann zu seiner abendlichen Beichte, der jedes Mal aus der Bibel zitiert und dann verschwindet.
Doch lässt er auch jedes Mal etwas zurück: den blutigen Skalp einer Frau, welche Pater Nau in der ersten Panik erstmal in der Krippe des Jesuskindes verschwinden lässt.
Schnell kommt heraus: es sind schwangere Frauen, die im Frankfurt des Jahres 1533 verschwinden und zu denen offenbar das Haar gehört.
Pater Nau gerät in das Visier der Ermittler.
Als eine weibliche Leiche mit aufgeschnittenem Unterleib gefunden wird, bekommt die Schwester von Pater Nau, Gustelis, Angst um ihre schwangere Tochter Hella und beide Frauen beginnen auf eigene Faust zu ermitteln.
Meine Meinung:
Bei diesem Buch handelt es sich bereits um den 3. Band aus der Reihe Die Verbrechen von Frankfurt", die man aber durchaus unabhängig voneinander lesen kann.
Figuren wie Pater Nau, Gustelies und Hella, die in allen Bänden immer wieder auftauchen, haben soviel Eigenleben, dass es nicht schwer fällt, sich in diese hineinzufinden, auch wenn man ihnen zum ersten Mal literarisch begegnet.
Tatsächlich habe ich selten in einem historischen Buch solch selbstbewusste Menschen angetroffen, die ihr Leben mit soviel Humor und auch Eigensinn meistern und damit - ob absichtlich oder nicht - dem Leser doch sehr gegenwärtig werden, da einem einige Dinge doch bis heute sehr bekannt vorkommen.
Dies ist auch dem herrlichen Humor und der oft doppeldeutigen Schreibweise von Ines Thorn geschuldet:
Bereits auf der ersten Seite muss sich Pater Nau leicht genervt die Sünden der alten (!) Mutter Dollhaus (Nomes est omen) anhören, die schon wieder (!) unzüchtige Gedanken hatte, als der Schlachter ein Schaf auseinander nahm.
Überhaupt haben die Frauen in diesem Buch einen sehr eigenen Stellwert, wenn auch anders als man dies aus den derzeit den Markt überflutenden historischen Romanen kennt (Marke: eine schwache Frau behauptet sich in der Männerwelt).
Bei Ines Thorn haben die Frauen durchaus den ihnen im spätmittelalterlichen Frankfurt zugewiesenen Platz als z.B. Hausfrau und Mutter eingenommen, nutzen aber jede noch so kleine Lücke, die sich ihnen bietet, um ihr Leben ein wenig selbstbestimmter zu gestalten.
So werden selbst alte Frauen zu tüchtigen Detektivinnen, weil die Männer ja ohnehin zu nichts kommen. Während sie sich gleichzeitig über den 2. Platz beim alljährlichen Kuchenwettbewerb ärgern.
Dabei wirken solche kleinen Ausflüge in die Emanzipation niemals aufgesetzt oder unglaubwürdig, sondern sind jedes Mal mit genügend Augenzwinkern gekennzeichnet, so dass der Leser nicht umhin kommt, sich zu fragen: Hatten wir möglicherweise tatsächlich solche Vorfahren?
Dennoch gibt es auch einig befremdliche Momente in dem Buch, welche doch wieder den Abstand zwischen den Jahrhunderten eindeutig betonen. Das titelgebende Totenreich" scheint zur damaligen Zeit doch weniger Respekt einzuflößen als dies heute der Fall ist.
Da wird mit den Toten dann allerhand Unbill getrieben, weil der Aberglaube vorherrscht, dass dieses oder jenes Teil eines Verstorbenen noch allerhand Kräfte für die Lebenden besitzt.
Zum Teil wird dies von Ines Thorn mehr als anschaulich beschrieben, was für zart besaitete Gemüter möglicherweise dann nicht der richtige Lesestoff ist.
Fazit:
Amüsanter Ausflug in spätmittelalterliche Frankfurt - sofern man den Ekelfaktor aushält.